Afantasie

fehlende bildliche Vorstellungskraft

Afantasie

Die Afantasie ist das Phänomen der fehlenden bildlichen Vorstellungskraft und ein spannendes und noch sehr neues Thema aus der Psychologie, dass ich ein wenig näher beleuchte.

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Afantasie

Textauszug – Transcription

Afantasie

Das Thema Afantasie hatte ich in den letzten Jahren schon zweimal behandelt und ich bekomme dazu auch immer wieder Mails, sogar Galileo hatte sich dazu schonmal gemeldet. Und letzte Woche kam dann auch wieder die Frage zu dem Anker bzgl. der Hypnose bei Prüfungsangst und das Georg diese Ankerbilder nicht wirklich sehen kann und was er dann machen soll.

Wobei geht es bei der Afantasie? Es geht um die bildliche Vorstellungskraft. Wie sehr kann ich mir, wenn ich die Augen schließe etwas bildlich vorstellen, bzw. eben auch nicht.

Machen wir einen kleinen Test, wenn Du aber jetzt gerade im Auto unterwegs bist, bitte nicht mitmachen, sondern einfach danach ausprobieren.

Also alle die jetzt die Möglichkeit haben die Augen zu schließen, ohne in Gefahr zu geraten, bitte mal kurz die Augen schließen. Und jetzt stellt Euch ein Haus oder auch eine Wohnung vor, das kann euer jetziges Haus sein, aber auch das wo Ihr aufgewachsen seid. Und jetzt schaut mal wie viele Fenster und Türen das Haus hat.

Wenn Ihr soweit seid könnt Ihr wieder die Augen aufmachen.

Wieviele Fenster und Türen hast du gezählt?

Ich nehme an, die meisten bekommen die Anzahl der Fenster in dem Haus zusammen, allerdings ist der Weg, den wir dabei gehen sehr unterschiedlich.

Die meisten von Euch haben sich jetzt wahrscheinlich das Haus bildlich vorgestellt und sind sozusagen durch die Räume geflogen und haben sich die Zimmer und die dazugehörigen Fenster und Türen angeschaut.

Ein Teil hatte vermutlich farbige Bilder, vielleicht sogar scharf und gut zu sehen, einige sehen es vielleicht etwas verschwommener oder auch nur in schwarz-weiß und vielleicht ist auch der eine oder andere dabei, der zwar das Haus konstruieren konnte und somit die Fenster und Türen zählen, aber nicht wirklich ein Bild vor Augen hat. In dem Fall nennt man das Afantasie. Das Fehlen einer bildhaften Vorstellungskraft.

Afantasie noch sehr unbekannt

Die meisten die davon betroffen sind, werden das vermutlich noch gar nicht wissen. So wie ich auch, denn mein Gehirn kann auch keine Bilder produzieren, aber es konstruiert meine Erinnerungen zusammen und damit dachte ich immer das ist die bildhafte Vorstellung. Und so geht es fast allen Betroffenen, man weiß gar nichts von seinem Defizit, da es durch eine andere Denkweise umgangen wird.

Bildliche Vorstellungskraft

Ich hatte in den letzten Jahren zwei Seminarteilnehmer die mich darauf angesprochen haben, dass sie die Bilder die ich ihnen beschreibe nicht sehen können, egal wie fest das sie sich anstrengen, es bleibt schwarz. Da dies für mich der Normalzustand ist und ich das Thema Afantasie da noch nicht kannte, habe ich Ihnen erklärt, dass ich die Bilder auch nicht wirklich sehe, sondern mir in meinem Kopf zusammenbaue. Ich kann bei meinem Selbsthypnoseankerbild alles genau beschreiben wo es ist, was da passiert und kann das Bild auch immer weiter wachsen lassen, nur dass es kein wirkliches Bild ist, sondern eine Konstruktion die mein Gehirn zusammenfügt.

Die Bezeichnung sich etwas bildhaft vorstellen, hat daher für mich auch eine ganz andere Bedeutung gehabt, ich ging immer davon aus, bildhaft ist die Metapher für meine Konstruktionen. Ich habe auch überhaupt kein Problem mit Erinnerungen, ich könnte für all meine Urlaube, selbst die aus meiner Kindheit von vor mehr als 30 Jahren, Grundrisse aufzeichnen und beschreiben wo was war, nur sehe ich das nicht. Ich habe daher auch kein Problem mich zu orientieren oder wieder an einen Ausgangspunkt zurück zu kommen, da mein Gehirn alles irgendwie konstruiert, vermutlich daher habe ich auch einen extrem ausgeprägten Orientierungssinn, der mich selbst oft überrascht.

Afantasie schon lange bekannt

Das Phänomen wurde erstmals 1880 von dem Naturwissenschaftler Francis Galton beobachtet und beschrieben. Er wollte damals „die verschiedenen Grade der Lebendigkeit definieren, mit denen verschiedene Personen die Fähigkeit haben, vertraute Szenen unter der Form von geistigen Bildern sich zu erinnern“. Klingt kompliziert, ist aber ganz einfach, sie wurden auf ihre bildliche Vorstellung von ihm getestet.

Seine Versuchspersonen sollten sich Ihren Frühstückstisch vorstellen und ihre Eindrücke beschreiben. Einige der Probanden hatten überhaupt kein Problem und konnten sich ihren Frühstückstisch absolut realistisch und detailliert vorstellen, andere wiederum hatten eher ein schwaches verschwommenes Bild vor ihrem geistigen Auge. Und es gab auch einige, die mit der Aufgabe erst erfahren haben, dass sich andere etwas wirklich bildhaft vorstellen können, sie selbst aber nicht. Sie hatten, wie auch ich bislang angenommen, etwas sich bildlich vorzustellen ist nicht wörtlich gemeint und steht nur dafür sich an etwas zu erinnern.

Lange hat es uns nicht interessiert

Das Thema war scheinbar nicht wichtig genug und geriet 125 Jahre in Vergessenheit, bis 2005 der Neurologe Adam Zeman auf eine ungewöhnliche Geschichte, bzw. Patienten getroffen ist.

Der 65jährige Patient hatte eine Operation am Herzen, bei der er vermutlich auch einen leichten Schlaganfall hatte. Und er kam zu dem Neurologen da er sich nichts mehr bildlich vorstellen konnte. Bis zu seiner Operation konnte der Mann sich alles in den schönsten Farben bildlich vorstellen und nach der Operation blieb es wenn er die Augen schloss einfach schwarz.

Adam Zeman macht mit seinem Patienten ausführliche Tests und fand letztendlich in einer Untersuchung in einem funktionellen Magnetresonaztomografen heraus, dass sich die Hauptaktivitäten im Gehirn von den visuellen Bereichen zu den analytischen verschob. Der Patient konnte sich immer noch an alles erinnern wie vorher, nur auf einen anderen Weg und nicht mit schönen Bildern.

2010 veröffentlichte Zeman die Ergebnisse und daraufhin und auch aufgrund einer Sendung des Wissenschaftsmagazin Discover meldeten sich immer mehr Betroffene und 2015 gab es eine weitere Veröffentlichung zum Thema und auch einen Namen „Afantasie“ – Abwesenheit von Fantasie.

Man spricht von 2-5% Betroffene, ganz klar ist das nicht, da der Übergang von keiner Vorstellungskraft zu nur einer schlechten Vorstellungskraft sehr weich ist und kein harter cut vorhanden ist.

Es muss auch kein Betroffener Angst haben gehandicapt zu sein, sehr viele die Afantasie haben arbeiten trotzdem in kreativen Jobs, das schließt sich also nicht aus. Das Gehirn rechnet diese nicht visuellen Informationen einfach entsprechend um. Es ist also kein wirkliches Problem.

Allerdings müssen wir mit Afantasie natürlich ein wenig anders vorgehen, beispielsweise bei der Hypnose, auch wenn man nichts sieht, kann man zumindest auf Erinnerungen zurückgreifen, dass etwas da ist oder man nutzt bei der Hypnose lieber den eigenen Körper und weniger Bilder.

Wenn einem das bewusst ist, ist es auch kein großes Problem, das Ziel der Trancezustand bleibt gleich, nur der Weg ist unterschiedlich. Und auch bei einem Anker ist vielleicht nicht ein Bild, sondern beispielsweise etwas kinästhetisches oder auditives für einen selbst besser. Und selbst olfaktorisch über unseren Geruchssinn oder gustatorisch über unseren Geschmack kann man wunderbar arbeiten und etwas verankern.

Ich behaupte das Feierabendbier und das Glas Rotwein am Abend ist für viele schon ein Stresslöser, auch wenn ich lieber auf Alkohol verzichte, zeigt es aber wunderbar, wie ein Anker auch ohne Bilder funktioniert.

Im übrigen ist Homöopathie auch ein gutes Beispiel für einen gustatorischen Anker, wenn mir ein Arzt erklärt wie das Zuckerkügelchen in meinem Körper die Schmerzen reduziert, ist die Suggestion stärker, als wie wenn ich selbst eine normale Tablette nehme. Das hat man in Tests bewiesen. Damit kann man vielleicht keine Krankheiten besiegen, aber einen örtlichen Schmerz sehr schnell und sehr leicht in den Griff bekommen.

Noch als kleine Info nebenbei, diejenigen die eine sehr starke Vorstellungskraft haben und die sich scharfe und bunte Bilder vor ihrem inneren Auge vorstellen können, bezeichnet Zeman als Hyperfantasie.